Foto: Michael Joos.

Ergebnisse des Fitnessbarometers 2021

Die ersten Trends zur Auswirkung der Corona-Pandemie auf die Fitness der Kinder in BW: Negativtrend in Schnelligkeit und Ausdauer zeichnet sich ab.

Es gibt bereits mehrere Untersuchungen und Befragungen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Bewegungsverhalten von Kindern. Im Fitnessbarometer 2021 der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Klaus Bös und dem Forscherteam um Dr. Claudia Niessner des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wurden nun erstmals Testergebnisse für Baden-Württemberg ausgewertet. Diese Auswertung der 2020 durchgeführten Testungen zeigt: In Ausdauer und Schnelligkeit zeichnet sich bereits Ende 2020, nach neun Monaten Corona-Pandemie, ein Negativtrend ab.

„Corona nervt! Wir wollen raus und uns mit unseren Freunden bewegen“ sagen Johanna und Max. Und sprechen damit einer ganzen Generation aus der Seele. Es gibt bereits mehrere Untersuchungen und Befragungen zur Wirkung der Corona-Pandemie auf das Bewegungsverhalten von Kindern – mit alarmierenden Resultaten. Und dabei erreichte bereits vor Corona die Mehrzahl der Kinder nicht das von der WHO empfohlene Mindestmaß an Bewegung pro Tag. Vergleicht man den normalen Tagesablauf eines Kindes mit dem aktuellen „Corona-Alltag“ ohne Schul- oder Kita-Weg, ohne bewegte Pausen mit den Freunden, ohne Schul- und Vereinssport, so wird deutlich, wie viele Bewegungsmöglichkeiten durch die Corona-Pandemie weggefallen sind.

„Traurige Tendenzen“ bereits nach 9 Monaten Pandemie
Im Fitnessbarometer 2021 der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Klaus Bös und dem Forscherteam um Dr. Claudia Niessner des KIT wurden nun erstmals Testergebnisse für Baden-Württemberg ausgewertet. Grundlage sind die Testergebnisse des Motorik-Tests für Kinder (KITT+ 3-10), die im Rahmen der Turnbeutelbande im vergangenen Jahr erfasst und anonymisiert ausgewertet wurden. „Im Rahmen der Initiative „Turnbeutelbande – Motorik-Test für Kinder“ werden jedes Jahr Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren getestet. Bis zum Frühjahr 2020 gab es zahlreiche Testungen von Kita-, Grundschul- und Sportvereinsgruppen. Dann blieben durch den ersten Lockdown im Frühjahr 2020 die Testungen bis Herbst aus“, beschreibt Prof. Dr. Klaus Bös, Distinguished Senior Fellow am KIT. Doch einige engagierte und kreative Sportfachkräfte und pädagogische Fachkräfte testeten unter Corona-Bedingungen und mit Hygiene-Konzepten auch Ende 2020, um die Bindung zu den Kindern nicht zu verlieren. „Und anhand dieser Daten ergeben sich bereits zum Zeitpunkt 31. Dezember 2020 traurige Tendenzen. In Ausdauer und Schnelligkeit zeigt sich bereits Ende 2020 ein Negativtrend - nach neun Monaten Pandemie“ so der Professor weiter. Mittlerweile leben wir im 15. Monat der Pandemie. „Blicken wir also auf Rahmenbedingungen, müssen jetzt wieder angeleitete Bewegungsangebote im Turn- und Sportverein aber auch in der Schule im Sportunterricht möglich werden. Es gibt Ideen und Ansätze diese nach draußen zu verlagern. Diese Ideen sollten wir schnellstens umsetzen, sonst werden die Ergebnisse im nächsten Jahr verheerend sein.“

Kinder haben sich 2020 bewegt, aber anders
Während für die Schnelligkeit und Ausdauer bereits Ende 2020 negative Tendenzen deutlich werden, zeigt der Fitnessbarometer 2021, dass dies in Kraft, Beweglichkeit und Koordination (noch) nicht der Fall ist. Denn Bewegung fand durchaus im „Corona-Frühjahr 2020“ und bis in den Herbst 2020 hinein statt. Aber anders: „Wir stellten eine Zunahme der Alltagsaktivität während des ungewöhnlich warmen „Corona-Frühjahrs 2020“ fest, in dem die Kinder und Jugendlichen viel Zeit im Freien verbrachten. Außerdem entstanden durch die Schließung der Schulen zunächst mehr Freiräume für die Kinder und Jugendlichen. Dadurch konnten sie ihren natürlichen Bewegungsdrang ungehindert ausleben.
Fahrradtouren mit der Familie und Waldspaziergänge standen zum Beispiel hoch im Kurs, es gab und gibt zudem viele digitale Angebote für Zuhause, die natürlich eher Kraft und Beweglichkeit als Ausdauer und Schnelligkeit schulen“, sagt Dr. Claudia Niessner vom KIT, die mit ihrem Team im Rahmen der Motorik-Modul-Studie (MoMo) in einer Zusatzuntersuchung Kinder und Jugendliche zu ihrem Bewegungsverhalten während des Lockdowns befragte. „So schön dieser Anstieg der Alltagsaktivität auch war, natürlich sank die körperlich-sportliche Aktivität im Turn- und Sportverein und in der Freizeit deutlich während des ersten Lockdowns im Frühling 2020. Die Schließung der Turn- und Sportvereine bedeutete im Schnitt 28,5 Minuten weniger organisierten Sport pro Tag. Gleichzeitig nahm die Bildschirmmedien-Zeit um circa eine Stunde pro Tag zu“, so die Forscherin weiter.
Freies Spielen und Bewegen ist gut, weist aber eine andere Qualität auf als angeleitete Bewegungsangebote im Turn- und Sportverein, Sportunterricht oder Kindergarten. „Während die freie, informelle Bewegung Draußen die Kreativität fördert, findet vor allem der Sport im Verein meist mit einer höheren Intensität unter der Anleitung von ausgebildeten Sportfachkräften statt. Sie spielt damit eine wichtige Rolle für die Förderung der motorischen Fähigkeiten und somit für den Aufbau und den Erhalt der Fitness“, erklärt Susanne Weimann, geschäftsführender Vorstand der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg.

Turn- und Sportvereine tragende Säule der Bewegungsförderung
„Und wir dürfen nicht vergessen: Sport und Bewegung sind so viel mehr als „nur“ Fitness. Bewegung fördert auch die psychische, soziale und kognitive Entwicklung unserer Kinder. Die Turn- und Sportvereine sind somit eine wichtige Säule unserer Gesellschaft. Die Corona-Pandemie brachte einen Mitgliederschwund für die Vereine mit sich. Gerade im Kinderbereich zeigen sich heute schon große Verluste. Dabei sind die Turn- und Sportvereine so kreativ geworden. Es gibt viele digitale Angebote – sei es als Kursangebot oder in der Aus- und Weiterbildung. Auch das Outdoor-Angebot wurde erweitert. Sie schufen auch in Zeiten von Corona Möglichkeiten der Testung, des Austausches und des Miteinanders“, so Susanne Weimann weiter. Der Badische Turner-Bund e.V., der Schwäbische Turnerbund e.V. und die Kinderturnstiftung Baden-Württemberg unterstützten die Vereine, Kitas und Familien mit Bewegungsimpulsen für die Zeit daheim. Zum Beispiel mit dem Kinderturn-ABC, den Bewegungspäckchen oder mit der kostenfreien „Kitu-App: Gemeinsam Spielen und Bewegen“.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Tendenzen des Fitnessbarometers 2021 entwickeln. Dass mittlerweile auch die noch im Frühjahr 2020 hohe Alltagsaktivität der Kinder und Jugendlichen gesunken ist, zeigen die im April vorgestellten Ergebnisse der Folgebefragung der Motorik-Modul-Coronastudie aus dem zweiten Lockdown im Winter. In dieser Phase wurden Schul- und Vereinssport erneut ausgesetzt und im Gegensatz zum ersten Lockdown folgte ein Einbruch der Alltagsaktivitäten und des unorganisierten Sporttreibens. „Wir haben schon von vielen Forscherteams und Fachkräften in den Medien gehört: Sport ist nicht die Ursache, sondern die Lösung. Aktuell leiden Psyche und Physis unserer Kinder. Deshalb hoffen wir sehr, dass die Politik nicht mehr vorwiegend die Infektionsketten betrachtet, sondern auch diese Auswirkungen im Blick behält und fordern im Sinne einer gesunden Entwicklung unserer Kinder schrittweise Öffnungen der Turn- und Sportvereine“, appelliert Susanne Weimann. Dem pflichtet auch Kinder- und Jugendarzt Dr. Thomas Kauth bei: „Bewegung tut gut und hält fit und gesund. Die aktuellen Einschränkungen in der Corona-Pandemie zeigen gravierende Wirkungen auf Psyche und Physis – von uns Erwachsenen aber auch und vor allem von Kindern. Ich sehe in meiner Praxis bereits jetzt schon zahlreiche Negativbeispiele, wie zum Beispiel die deutliche Zunahme von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen, ebenso wie zahlreiche Jugendliche mit gravierenden psychischen Problemen wie Depression, diversen Angstzuständen und vielfältigen psychosomatischen Krankheitsbildern.“

Werdet Teil der Turnbeutelbande!
„Deshalb rufen wir alle Kitas, Grundschulen und Turn- und Sportvereine in Baden-Württemberg auf, den Motorik-Test für Kinder in diesem Jahr durchzuführen und Teil der Turnbeutelbande zu werden. So können wir in den kommenden Jahren Aussagen darüber treffen, welche nachhaltigen Auswirkungen die Pandemie auf die Fitness unserer Kinder in Baden-Württemberg hat“, betont Prof. Dr. Klaus Bös. Die Gemeinde Michelfeld führte den Motorik-Test für Kinder, der anonymisiert die Daten zum Fitnessbarometer liefert, im Herbst 2020 bereits zum 10. Mal durch. „Wir haben getestet, weil es mit Hygienekonzept möglich war. Es ist uns auch in diesen Zeiten ganz wichtig, dass wir in allen Bereichen der Entwicklungsunterstützung und Bildungsförderung für unsere Kinder so wenig wie möglich ausfallen lassen oder auf später verschieben. Hier gilt es nämlich ganz besonders, nichts zu versäumen. Denn gute Bildung braucht Bewegung“, beschreibt Bürgermeister Wolfgang Binnig. Und für gute Bildung und eine qualifizierte Bewegungsförderung braucht es ein engagiertes Netzwerk: „Die Pandemie hat viele bereits vorhandenen Entwicklungen und Trends deutlich verstärkt und beschleunigt. Deshalb ist es wichtig, jetzt die Weichen zu stellen und in guten Partnerschaften und Netzwerken gemeinsam daran zu arbeiten, dass jedes Kind in Baden-Württemberg die WHO-Empfehlungen bzw. die Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung erreicht. Neben flächendeckenden Angeboten in den Turn- und Sportvereinen benötigt es weitere Anstrengungen in Kitas und Grundschulen sowie informelle Angebote in den Kommunen“, betont Alexander Kölle, Diplomsportwissenschaftler von der AOK Baden-Württemberg.

Weitere Infos mit Video-Statements: www.kinderturnstiftung-bw.de/aktuelles/fitnessbarometer-2021

Hier gehts zum Factsheet des Fitnessbarometer 2021

 

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