Jeder und jede kann Indiaca spielen – unabhängig vom Alter, nennt Werner-Patrick Girrbach einen der größten Vorteile „seiner“ Sportart. Vor mehr als 30 Jahren hat er diese vermeintliche Nische für sich entdeckt. Seitdem ist er ihr verfallen und jeden Tag aufs Neue mit Leidenschaft dabei. Die Sportart zeichne sich durch Beweglichkeit, Koordination und Reaktion aus. Also zahlreiche Grundelemente, die auch bei einem Salto von Nöten sind. Diesen hat Girrbach zuletzt in der Schulzeit gezeigt. Ob er das jetzt noch könnte, müsste er ausprobieren.
Doch Indiaca ist nicht die einzige Leidenschaft, die der gebürtige Ötisheimer verfolgt: Mit seinem Familienbetrieb Ingrid Girrbach GmbH produziert sein Team seit 60 Jahren Werbeartikel, Schmuck, Sonderanfertigungen, Haushaltswaren und vor allem Pokale und Medaillen. Letztere seit mehr als 15 Jahren auch für den Schwäbischen Turnerbund. „Die Zusammenarbeit ist in den Jahren stark gewachsen; der STB gehört zu unseren Bestandskunden“, freut sich der 49-Jährige über die Kontinuität. Diese Konstanz sowie das breite Portfolio seien Gründe, warum der Betrieb auf eine so lange Tradition zurückschaut. „Wir haben unser Angebot in den Jahren Stück für Stück erweitert und machen inzwischen fast alles möglich“, erklärt Girrbach. Dazu zählen die skurrilsten Anfragen, wie etwa vor vielen Jahren zu einer Hochzeit: Weil der Mann seiner Verlobten einen Heiratsantrag auf einem Toastbrot serviert hatte, wollten Freunde diesen in Form eines Pokals an das Brautpaar als Geschenk übergeben.
Ein Hauch echtes Gold
Für Girrbach und sein Team war das eine wie gerufene Herausforderung: „Es war sehr schwierig, den Toast so echt wie möglich darzustellen“, erinnert er sich. Doch das Vorhaben gelang, der Pokal wurde hergestellt. Und weil es zu jedem Produkt auch immer ein Muster gibt, hat dieser ungewöhnliche einen festen Platz im sogenannten Musterzimmer des Betriebs. Da liegt es auch nicht fern, dass der 49-Jährige regelmäßig von Kunden auf diesen angesprochen wird.
Genau diese nicht-alltäglichen Aufträge seien es, die den Reiz seiner Arbeit ausmachen. Er könnte die nicht-vorhandene Liste um etliche weitere Beispiele fortführen. Für die Indiaca-Weltmeisterschaft in Bietigheim 2013 hat er etwa Medaillen mit einer Prise des jeweiligen Edelmetalls hergestellt. Die goldene also mit einem Hauch echtem Gold, die silberne mit einem Hauch echtem Silber und die bronzene mit einem Hauch echtem Kupfer. Besondere Erinnerungen, an die Girrbach gerne zurückdenkt.
Dabei sei der Sportsektor als Auftraggeber unplanmäßig dazugekommen. „Vor vielen Jahren hat sich lange Zeit niemand gefunden, der die Pokale für die Deutsche Meisterschaft im Indiaca anfertigt“, erzählt der selbst leidenschaftliche Indiaca-Spieler. Also habe er die Gunst genutzt und sich zur Verfügung gestellt. Als Metallfachbetrieb war die Herstellung kein größeres Problem.
Mittlerweile ist er mittendrin und fertigt für den STB jedes Jahr aufs Neue Medaillen und Pokale an, etwa auch für den Übungsleitenden des Jahres. Für das bevorstehende Landeskinderturnfest in Ravensburg fertigt sein Betrieb die Sieger- und Teilnehmer-Medaillen an.
Für die DM fehlen die Startpässe
Seine Leidenschaft zu Indiaca findet der 49-Jährige vor mehr als 30 Jahren mit seiner Schwester Patricia bei der Jungschar. Dort besuchen die beiden damals einen Informationsabend, auf dem das Bezirks-Indiaca-Turnier beworben wird. Gemeinsam mit der Jungschargruppe machen sie mit und gewinnen auf Anhieb. „Uns hat es so viel Spaß gemacht, dass wir im nächsten Jahr direkt wieder mitgemacht haben“, erzählt Girrbach. Diesmal trainieren sie im Vorfeld sogar einige Male. Es folgen Turniere auf Landesebene, die Geschichte nimmt ihren Lauf.
Girrbach und Co. organisieren sich immer mehr, trainieren regelmäßiger. Durch Zufall nehmen sie an der STB-Landesmeisterschaft teil und holen auf Anhieb den ersten Platz. Der Lohn: eigentlich die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft. Der Haken: Das Team spielt nicht im Verein und hat ergo keine Startpässe. Die DM ist vom Tisch. Also gründet die Gruppe den Verein Indiaca Ötisheim. Ein Jahr später starten sie wieder, gewinnen erneut und fahren zur DM.
Weltrekordversuch für die Sportart
Seitdem hat sich der Verein zu einer renommierten Indiaca-Adresse in Deutschland entwickelt. Neben einer guten Jugendarbeit und Teilnahmen an Weltmeisterschaften spielen auch die Erwachsenen eine gute Rolle. Sie nehmen regelmäßig erfolgreich an Meisterschaften auf Landesebene teil.
Girrbach übernimmt 2012 obendrein den Posten des Landesfachwarts Indiaca beim STB und kümmert sich um alle Angelegenheit rund um die Rückschlagsportart. Und obwohl die Zahl der Vereine sich auf einem konstanten Niveau bewegt, freut sich der 49-Jährige jederzeit über weiteren Zuwachs. „Wir kommen auch gerne in Vereine und präsentieren unseren Sport“, sagt er.
In Ötisheim wird Indiaca aber nicht allein an Ergebnissen festgemacht, sondern ist so etwas wie eine Lebenseinstellung. Ein weiterer Beweis: Girrbach und seine Kollegen brennen für ihren Sport und haben eigens dafür 2020 einen Weltrekordversuch unternommen. Sie wollten das erste Indiaca-Turnier mit den meisten teilnehmenden Mannschaften werden.
Mehr als ein Jahr Vorbereitung wurde zum Ende hin mit der Corona-Pandemie auf eine harte Probe gestellt. Zahlreiche Mannschaften sagen ihren Start aufgrund von Krankheit und Bedenken ab. Im Vorfeld müssen die Organisatoren mit der Gemeinde und dem zuständigen Kreis die Rahmenbedingungen im Rahmen der Corona-Verordnung klären. Umso beeindruckender, dass es dem Verein gelungen ist, die Veranstaltung durchzuziehen. Das zeigt, wie groß das Engagement für den Sport ist.
Übermäßig traurig ob des gescheiterten Weltrekordversuchs ist Girrbach nicht, vielmehr schaut er bereits in die Zukunft – ein weiterer Weltrekordversuch soll folgen: „Vielleicht in fünf Jahren, wenn wir unsere 25. Ausgabe des Turniers fei