Der Ruhestand reizt den Ballettmeister nicht

Vladimir Komkov aus Weißrussland beendet am Samstag nach 16 Jahren sein Traineramt am Bundesstützpunkt in Schmiden.Doch der 66-Jährige will weiterarbeiten und überlegt nun, wo und wie er die freie Zeit nutzen kann.

Aus der Miene von Vladimir Komkovlassen sich keine Rückschlüsse auf sein inneres Befinden ziehen. Der Ausdruck im Gesicht des 66-jährigen Ballettmeisters aus Weißrussland bleibt fast
immer gleich. Mit konzentriertem Blick beobachtet er von seinem Stuhl in der Trainingshalle des Bundesstützpunkts für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden die Bewegungsabläufe. Ob er die letzten Tage, die ihm vor seinem Ruhestand bleiben, besonders genießt oder ob er angesichts des näher rückenden Abschieds leidet, ist nicht abzulesen. Am Samstag richten die Gymnastinnen und Stützpunkt-Mitarbeiterinnen ein kleines Abschiedsfest für ihn aus.

Der Deutsche Turner-Bund will Vladimir Komkov, der in den vergangenen neun Jahren intensiv mit der Nationalgruppe gearbeitet hat, beim Berlin-Masters Anfang Juli verabschieden. Es könnte sein, dass der Ballettmeister dafür von weither anreisen muss. „Ich werde den März dazu nutzen, mir einiges anzugucken und zu überlegen, was ich in Zukunft machen will“, sagt er.

Mit seiner Frau Ludmilla Titkova, ebenfalls Ballettmeisterin – und die Schwester der ehemaligen Cheftrainerin in Schmiden Galina Krylenko – war Vladimir Komkov im Jahr 2001 zum Stützpunkt gekommen, um den Gymnastinnen Eleganz und Grazie beizubringen. Seine Frau, die sechs Jahre jünger ist als er, wird noch einige Jahre weiterhin täglich in die Trainingshalle gehen. Vladimir Komkov hingegen ist von Montag an offiziell im Ruhestand. „Ich würde auch weitermachen, wenn man mich ließe“, sagt er. Normalerweise hörten Balletttänzer nach durchschnittlich 20 Jahren auf, ergänzt er noch. „Ich habe damals auch länger getanzt, 27 Jahre.“ Vladimir Komkov und seine Frau waren jeweils erfolgreiche Solotänzer im staatlichen Ballettensemble in Minsk. Zusammen haben sie in Frankreich getanzt, in Spanien und am Bolschoi-Theater in Moskau. Beide bekamen hohe Auszeichnungen.

Vladimir Komkov, dessen Darstellung des Spartakus alle Kritiker aufs Höchste lobten, wurde gar zum „Nationalkünstler“ erhoben, der höchsten Ehre, die einem Balletttänzer in Russland überhaupt
zuteilwerden kann. In Schmiden war nicht nur sein Fachwissen gefragt. „Ich schätze Vladimir Komkov als ruhigen, sachlichen und sehr kompetenten Menschen“, sagt Kathrin Igel, die Stützpunktleiterin. Zudem sei er zwischen all den Mädchen und Frauen ein ruhender Pol gewesen. „Er hat bei allen einen hohen Stellenwert, und er war bei uns natürlich auch immer ein bisschen der Hahn im Korb.“

Am vergangenen Wochenende waren Familie Komkov und Kathrin Igel bei der Ballett- Premiere von „Sommernachtstraum“ im Großen Haus des Staatstheaters in Wiesbaden. Tochter Ludmila Komkova tanzt darin die Hauptrolle. Es sei „fantastisch“ gewesen, sagt Kathrin Igel, und Vladimir Komkov ist bei diesen Worten der Stolz auf seine talentierte Tochter anzusehen. Ihm hat die Aufführung auch gefallen, aber ein bisschen Kritik muss dennoch sein. „Ich habe in St. Petersburg gelernt. Die dortige Ballettschule ist bekannt für ihre klassische Ausbildung und für eine sehr feine, gespannte Körperhaltung, das ist meine Welt“, sagt Vladimir Komkov. In Deutschland hingegen sei das
Ballett immer eine Mischung aus klassisch und modern. „Ich bin ein Perfektionist, mir lag auch bei den Gymnastinnen immer daran, dass das, was an der Körpertechnik verbessert werden kann, auch besser wird.“

Die Vorstellung, künftig nur noch Opa für die beiden, eineinhalb Jahre und sechs Monate alten Enkel zu sein, oder im Sessel zu sitzen und ein Buch zu lesen, gefällt Vladimir Komkov nicht. „Ich werde irgendwo irgendwas weiterarbeiten, nur ist noch völlig offen, was und wo.“ Eine Option ist eine Rückkehr nach Minsk, wo er und seine Frau noch immer eine Wohnung besitzen, und wo er viele Jahre lang eine Ballettschule geleitet hat und bald wieder arbeiten könnte. Schmiden werde aber immer
etwas Besonderes für ihn bleiben, und so lange seine Frau noch hier lebe und arbeite, werde er auch öfter als Besucher da sein, sagt Vladimir Komkov. „Auch im Stützpunkt und in der Trainingshalle.“
Seinen Nachfolger Gjergj Bodari, der am 1. März mit der Arbeit beginnt, wird das wohl kaum stören. Schon in den vergangenen Wochen haben die zwei Ballettmeister einige Male gemeinsam die Gymnastinnen trainiert. Bis Samstag ist Vladimir Komkov aber noch ganz offiziell Ballettmeister in Schmiden, und er versucht die letzten Tage vor dem Ruhestand zu genießen. Auch wenn seine stoische Miene, mit der er von seinem Stuhl aus die Gymnastinnen beim Balletttraining an der Stange beobachtet, darüber keinerlei Aufschluss gibt.

Von Eva Herschmann

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