Sonja Pfrommer: Abschied aus dem Nationalteam

Sonja Pfrommer scheint mit ihren 33 Jahren dem Höhepunkt ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit noch immer entgegenzustreben: Bezüglich Athletik so fit wie eh und je, aber mit der Routine, Erfahrung und nützlichen Gelassenheit aus unzähligen Turnieren auf Top-Niveau ausgestattet. Dennoch endete am Freitag in Stuttgart-Stammheim ihre großartige Karriere in der Nationalmannschaft.

Mit einem sicheren 4:1 gegen die Schweiz ging noch einmal ein weiterer Sieg auf ihr Konto. Nach zwei Sätzen wurde die Dennacherin unter tobendem Applaus des Publikums ausgewechselt und sie bekam ihre große Bühne. „Es wird Zeit für einen Generationenwechsel“, sagt die Schlagfrau und Kapitänin des TSV Dennach, die auch im Adler-Trikot ihr Team zu großen Erfolgen führte und als Sportlerin vieles erlebt, aber nichts bereut hat. Mit den Dennacher „Pink Ladies“ will die gelernte chemisch-technische Assistentin und Edelmetallprüferin aber weitere – und noch neue – Ziele verfolgen, wie „Soni“ im DFBL-Interview erklärt.

Wie bist Du zum Faustballsport gekommen?

Puuh, das ist lange her. Ich stamme aus dem Faustballort Waldrennach und war 5 oder 6 Jahre alt. Mein Papa, selbst Faustballer, versuchte meine ältere Schwester zum Training zu bewegen. Sie wollte nicht, aber ich bin mitgekommen und habe mit den Waldi-Jungs trainiert. Leider gab es damals nur Training, keine Spiele, und ich hatte bald die Lust verloren. Dann haben die Jungen aber Trikots bekommen. Ich wollte auch unbedingt eines haben, also habe ich wieder angefangen.

Wie bist Du nach Dennach gekommen?

Das war 2003 und in der U14 durfte ich nicht mehr im Jungen-Team spielen. Nun hatte ich die Möglichkeit zum TV Zainen-Maisenbach oder nach Dennach zu wechseln. Von der STB-Auswahl kannte ich bereits Anna-Lisa Aldinger und so ging ich zum TSV Dennach. Eine gute Entscheidung.

Kannst Du bitte deine größten sportlichen Erfolge umreißen?

Nicht einfach, mal kurz nachdenken… Natürlich der Sieg bei den ersten World Games für Frauen, im Vorjahr in den USA. Dann vier WM- und drei EM-Titel, dazu deutsche Meisterschaften mit dem TSV Dennach sowie acht EFA Champions Cup-Erfolge in Serie in der Halle und fünf im Feld.

Welcher Titel mit der Nationalmannschaft war der schönste?

Der erste WM-Titel, 2014 in Dresden, war natürlich besonders. Das Größte aber war wohl die Weltmeisterschaft 2016 in Brasilien, weil es ein besonderes und erfolgreiches Jahr war. Ich werde den Moment nie vergessen, als Steffi (Anm. Stephanie Thomas, geb. Dannecker) den Matchball versenkte – ein unglaubliches Gefühl. Anna-Lisa und ich haben uns umarmt und ich habe ihr ins Ohr geflüstert: Der ganze Scheiß hat sich gelohnt… Wir hatten wirklich viel investiert.

Wie viele Länderspiele hast Du absolviert?

Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, da ich nie Buch geführt habe. Es müssen so Richtung 90 sein und ich weiß nicht, wie viele U18- oder U21-Spiele dabei waren.

Wann war Dein erster Länderspielauftritt?

Das war 2005 im Trikot der U18 und 2010 bei den Frauen, beim Turnier in Widnau. 2010 war ich auch in Chile dabei – Platz 2 bei der WM. Als junger Hüpfer mit all den Routiniers wie Jana Meiners… das war toll. Ich war unerfahren und habe versucht, mich an den Großen zu orientieren. Aber ich konnte mich auch selbst nicht einschätzen bezüglich Leistungsstärke und auf welcher Ebene ich stehe. Darüber hatte ich mir einfach keine Gedanken gemacht.

Was hat der Faustballsport Dir gegeben?

Ganz einfach: Faustball ist mein Leben. Es gab unzählige Begegnungen und unglaubliche Erlebnisse, ich habe Menschen in aller Welt kennengelernt. Der Mensch, der ich heute bin, wurde durch den Sport geprägt. Ich habe Disziplin und Teamfähigkeit gelernt, mich in der Gruppe zurechtzufinden und meine Nische zu finden. Das hat sich auch auf die Arbeitswelt ausgewirkt. Ich weiß: Möchte ich etwas erreichen, dann muss ich vorher investieren. Auch wenn es länger dauert – man muss sich durchbeißen.

Und was hast Du für den Sport geopfert?

Mir ist bewusst, dass ich in der Jugend viel Freizeit geopfert habe. Andere in meinem Alter gingen feiern, ich habe mich aufs nächste Bundesligaspiel und musste Freunde versetzen. Heute plagen mich auch ein paar Wehwehchen, an denen ich gerade arbeiten muss. Verschleiß gehört nun mal zum Sport. Ich bin aber insgesamt gut durchgekommen und weine nichts hinterher.

Was bleibt aus Nationalteam-Zeiten übrig?

So vieles, was ich erleben durfte. Wir haben teilweise seit der U18-Zeit zusammengespielt, waren immer ein eingeschworenes Team. Jeder hat jedem seinen Einsatz gegönnt. Das sah und sieht nicht nur harmonisch aus, wir leben das tatsächlich! Wir feiern, gehen zusammen in den Urlaub und Lehrgänge sind zwar anstrengend, aber man geht mit Vorfreude auf das Wiedersehen hin. Nun ist ja auch die Verabschiedung von Bundestrainerin Silke Eber gewesen – das waren einfach tolle Zeiten.

Nun heißt es Abschied nehmen vom Nationalteam. Wie fühlt sich das jetzt für Dich an?

Ich hatte mir keine großen Gedanken an einen Abschied gemacht. Vor der WM in Chile, die für 2020 geplant war, hatte ich Silke (Eber) gesagt, dies wird mein Abschluss, denn mit Chile schließt sich ein Kreis seit 2010. Dann kam Corona und plötzlich stand da das neue Ziel World Games 2022. Schon zuvor sagten einige ältere Mitstreiterinnen, dass sie danach aufhören. Ich habe erst mal in mich reingefühlt und überlegt. Aber mein Körper weist doch ein paar Baustellen auf und ich kann nicht noch mehr investieren, um vor den Jungen zu bleiben. Es ist Zeit für den Generationenwechsel und ich gehe ohne große Sentimentalität. Auch wenn es einen doch bewegt, wenn junge Sportlerinnen heute sagen, sie hätten gerne noch mit mir gespielt.

Wie sieht Deine Faustballzukunft aus?

Nun steht die Bundesliga mit dem TSV Dennach ganz im Mittelpunkt. Über weiteres danach habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Vielleicht mal Frauen 30 spielen… Aber man braucht auch mal Wochenenden ohne Faustball. Trotzdem gibt es noch Träume, zum Beispiel den Gewinn des World Tour Finals. Mit der Nationalmannschaft werde ich natürlich weiterhin mitfiebern – als Fan.

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