Hat nach dem Turnen eine neue Leidenschaft gefunden: Fabian Hambüchen beim Crossfit.

PERSÖNLICHkeiten: Fabian Hambüchen - deutsche Turnlegende und Multisporttalent

In der Oktoberausgabe des STB Magazins wird dieses Mal Fabian Hambüchen porträtiert. Der Reck-Olympiasieger von Rio ist Deutschlands erfolgreichster Turner aller Zeiten. Nach seinem aktiven Karriereende kann er sportlich endlich vieles ausprobieren.

Beim erfolgreichsten deutschen Turner aller Zeiten mit derzeit 36 Jahren ist nicht die Frage, ob er noch einen Salto kann, sondern wann er zuletzt einen gemacht hat. Diese Frage erübrigt sich bei Fabian Hambüchen aber: Er trainiert noch regelmäßig in der Turnhalle und macht Salti nach Lust und Laune.

In erster Linie ist der ehemalige Spitzenturner aktuell aber im Crossfit unterwegs. Nach seinem Karriereende 2017 hat er drei Jahre später seine Liebe für die Sportart entdeckt. „Die Kombination aus Turnen, Gewichtheben und Zirkeltraining ist einmalig und bietet täglich viel Abwechslung“, erklärt Hambüchen. Darüber hinaus hat er durch den Sport seine jetzige Frau kennengelernt.

Für den ehemaligen Leistungssportler ist die Ausübung von verschiedensten Sportarten nach seiner aktiven Karriere ein voller Genuss. Losgelöst von Ambitionen und Druck kann er sich in diesen Momenten mit sich selbst beschäftigen, wieder die Leichtigkeit aus Kindestagen fühlen.

Diese Leichtigkeit hat er nicht immer gespürt: Der in Bergisch Gladbach geborene Hambüchen entwickelt sich früh zum Gesicht einer ganzen Nation. Mit 15 schafft er den Sprung zu den Senioren, gibt bei der Weltmeisterschaft im kalifornischen Anaheim sein Debüt. Danach geht es rasant bergauf. Auf Erfolge bei Junioren-Europameisterschaften folgen schnell auch Medaillen bei Senioren. Zahlreiche weitere Erfolge kommen dazu: Etwa der WM-Titel 2007 in Stuttgart am Reck, im gleichen Jahr WM-Bronze mit dem Team und Mehrkampfsilber. Zu seinen größten Erfolgen zählen drei olympische Medaillen: 2008 in Peking Bronze, 2012 Silber in London und 2016 die Krönung in Rio mit Gold – jeweils an seinem Paradegerät dem Reck.

Nur der Fokus auf die eigene Leistung

Mit 23 internationalen Medaillen und 40 Deutschen Meistertiteln ist er Deutschlands erfolgreichster Turner aller Zeiten. Wer seine Sportart so gut beherrscht, dürfte auch ausschließlich Spaß daran haben – möchte man meinen. Doch Hambüchen erklärt, dass Spitzenturner und auch -sportler während ihren Karrieren nur selten in den absoluten Genuss ihrer eigenen Darbietung kommen. Zu groß ist der Fokus auf die eigene Leistung, die Vor- und Nachbereitung. Dennoch empfiehlt der Olympiasieger aus Rio auch mal nach rechts und links zu schauen, sich mit interessanten Leuten und Sportlern aus den Olympischen Dörfern zu umgeben – ebenso wie er es selbst auch jahrelang praktiziert hat. „Denn das sind die Erfahrungen, von denen du dein ganzes Leben lang zehrst“, erklärt der 36-Jährige.

Eine besondere Bindung verspürt er zu Stuttgart, wo er 2007 eine seiner größten Erfolge feiern durfte: „Ich habe tolle Erinnerungen an damals und an die rappelvolle Hanns-Martin-Schleyer-Halle.“ Der Hype um seine Person begann aber schon früher – genau genommen bei seinem Debüt 2004. „Ich bin damals mit 17 zum ersten Mal angetreten, habe direkt zwei Entscheidungen für mich entschieden und musste danach mit Bodyguards aus der Halle eskortiert werden“, erinnert sich der heute 36-Jährige noch gerne an das turnverrückte Publikum zurück.

Der EnBW DTB-Pokal bedeutet für ihn eine Traditionsveranstaltung, die er schon seit Kindesbeinen an aufmerksam verfolgt und die später aus Sportlersicht zu einem Pflichttermin geworden ist. So hat sich die Turnmetropole über Jahre hin für ihn zu einer kleinen Wohlfühloase entwickelt. Daher verwundert es auch nicht, dass Hambüchens Bindung zur baden-württembergischen Landeshauptstadt nie abgerissen ist: 2019 war er Botschafter für die dritte Turn-WM. Noch heute schaut er regelmäßig im Kunst Turn Forum vorbei, um ehemalige Weggefährten zu besuchen oder selbst etwas auf dem Trampolin herumzutollen.

Schnelle Auffassungsgabe

Bereits in frühen Jahren ist Hambüchen sehr sportlich unterwegs, benötigt viel Bewegung. In der freien Zeit kickt er gerne mit Freunden oder rauscht mit dem BMX-Rad über kleine Rampen. Mit der Zeit stellt sich aber schnell raus, dass der heute 1,64 Meter große Hambüchen den Turnsport am meisten liebt und das größte Potenzial besitzt. Sukzessive muss er seine anderen sportlichen Aktivitäten einstellen – zu groß das Verletzungsrisiko. Verschiedene Sportarten sind für eine lange Zeit ad acta gelegt. Für den ambitionierten Jungspund aber kein Problem: „Ich habe nicht verzichtet, sondern das war meine eigene Entscheidung.“

Ob Verzicht oder nicht: Über die Jahre staut sich in dem Kraftpaket einiges an Bewegungsdrang an, den er nach seiner Karriere endlich ausleben kann. Mit seinem letzten offiziellen Turnwettkampf 2017 wechselt er Ende des Jahres zum Fernsehsender Eurosport, lernt parallel in drei Tagen Skifahren.

Die schnelle Auffassungsgabe und der stetige Antrieb zeichnen Hambüchen aus: Was er anfasst, möchte er möglichst gut umsetzen, sich verbessern. „Einfach nur etwas zu machen, ohne einen Fortschritt zu sehen, reizt mich gar nicht“, sagt der 36-Jährige über sich.

Ins kalte Wasser geschmissen

Bei Eurosport findet der ehemalige Leistungsturner genau das, was er sucht: den Sprung ins kalte Wasser. Hambüchen begleitet die Olympischen Winterspiele 2018 und 2022, die Sommerspiele 2021 in Tokio und war auch in diesem Jahr in Paris wieder als TV-Experte mit an Bord.

Als Leistungssportler und Absolvent der Sporthochschule Köln hat der 36-Jährige ein gutes Gefühl für Sport und kann dieses einem breiten Publikum gut vermitteln. Er berichtet von den Spielen vor Ort, führt Interviews mit Sportlern, gibt Einblicke in ihre Gefühlswelt und probiert sich bei der „Hambüchen Challenge“ in verschiedensten Sportarten aus. Inzwischen gibt es knapp 20 Episoden, in denen der ehemalige Spitzenturner von Sumo bis Skispringen alles mit eisernem Willen ausprobiert.

Die Liebe zum Sport ist der Turnlegende heute noch in jeder Sekunde anzumerken. Umso mehr würde er sich über Olympische Spiele 2040 in Deutschland freuen. „Für Sportler gibt es nichts Tolleres als Spiele im eigenen Land“, weiß Hambüchen.  Am Beispiel von Paris wurde deutlich, wie sehr Sport verbinden kann. Aus solchen Momenten entstehen Idole für ein ganzes Land.

Von einer möglichen Ausrichtung der Mega-Veranstaltung erhofft sich die Turnlegende viele Impulse für eine aktivere Gesellschaft, „eine Wende vom Abwärtstrend“. Diese hätte Deutschland zwingend nötig, so Hambüchen. Seit den Spielen 2000 in Sydney geht es leistungsmäßig bergab. Der ehemalige Leistungsturner sieht dahingehend die Reformen etwa zu den Bundesjugendspielen mehr als kritisch. Der immer öfter in der Kritik stehende Leistungsanspruch sei gefährlich und mittelfristig für mehr sportlichen Erfolg nicht förderlich.

Auch Turnsport in der Pflicht

Verbesserungsvorschläge sieht der ehemalige Spitzenturner auch bei seinem geliebten Turnsport. Hambüchen bemängelt die nach wie vor zu langen Pausen zwischen den Geräten, in denen das Publikum unterhalten werden müsse. Diese Suche nach Lösungen, um die Attraktivität der Sportart zu steigern, sei eine der Kernaufgaben für die Zukunft. In welche Richtung es gehen kann, zeigen beispielsweise “Die Finals”. Seit 2019 werden jährlich im Sommer die Deutschen Meisterschaften in verschiedenen Sportarten zeitgleich an einem Ort ausgetragen. Das erhöht die Aufmerksamkeit für kleinere Sportarten – zum Beispiel auch fürs Turnen.

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